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Badische Neueste Nachrichten, 22.5.2003, Ulrich Hartmann

Der „deutsche Puccini" gibt „Julius Caesar" den ganz eigenen Klang

Matthias Hammerschmitt ist der musikalische Leiter der Volksschauspiele Ötigheim und dirigiert dort „Jesus Christ Superstar"

Flott, dynamisch und mit einem Riesenpaket an Partituren kommt er zum Gespräch: Schon die Notenmenge, die Matthias Hammerschmitt mit feiner, ziselierter Schrift darin festgehalten hat, ist imposant. Dabei ist der Dirigent und Komponist alles andere als ein Vielschreiber. Dass seine Musik nicht nur Hand und Fuß hat, sondern auch erstaunlich suggestive Wirkung, beweisen Kostproben der CDs mit Schauspiel­musik aus seiner Feder. Jüngstes Beispiel: „Ju­lius Caesar". Das Drama von William Shake­speare hat am 15. August Premiere bei den Otigheimer Volksschauspielen, die am 21. Juni mit der Rockoper „Jesus Christ Superstar" beginnen.

Hammerschmitt, seit 1997 musikalischer Leiter von Deutschlands größter Freilichtbüh­ne, hat zu „Julius Caesar" die Musik geschrie­ben. Das Otigheimer Publikum wird sich dem orchestralen Zauber der raffinierten Harmo­nien und Klänge des Komponisten kaum ent­ziehen können. Hammerschmitt beherrscht sein Metier aus dem Effeff. Er hat es auch von der Pike auf erlernt, überhaupt hat die Musik schon den kleinen Buben begeistert.

Fünf oder sechs Jahre, so erzählt er, sei er alt gewesen, als er Mozarts 40. Sinfonie zu seinem „Leib- und Magenstück" erwählte. Der im fränkischen Lauda Geborene hörte es immer wieder im Radio, und als ein Klavier ins Haus kam, fing er im Alter von zehn Jahren mit dem Unterricht an - und mit dem Komponieren in ' allen Stilen. Deren frühes Studium dürfte auch erklären, warum Hammerschmitt sie heute wie kaum ein anderer beherrscht.

Mit Bravour bestand er die Aufnahmeprü­fung an der Stuttgarter Musikhochschule, wo er sein Dirigierstudium absolvierte. Auf das so­lide musikalische Handwerk, das er sich da­mals erwarb, ist Hammerschmitt stolz, immer-

hin, sagt er verschmitzt, sei ja auch Johann Se­bastian Bach im Grunde ein genialer Handwer­ker gewesen. So hatte es Hammerschmitt nie schwer, sich auch als versierter Pianist, Beglei­ter und Arrangeur zu bewähren.

Diese Kompetenz kam ihm denn auch schon bei seinem ersten Engagement am Landesthea­ter Coburg zugute, wo ihm seine schnelle Auf­fassungsgabe half und er schon Schauspielmu­sik komponierte, etwa zu den „Teufeln von Loudon", gesetzt für zwei Pauker. Er dirigierte viel, lernte gute und schlechte Regisseure kennen. Solchermaßen gerüstet, kam er 1985 als Kapellmeister und Korrepetitor an das Badi­sche Staatstheater Karlsruhe, wo sein Dirigat, etwa in „Hansel und Gretel" oder einigen Musicals noch in bester Erinnerung ist.

Nach diesen intensiven Theaterjahren strebte Hammerschmitt zu neuen Freiräumen und kam an die Karlsruher Opernschule, wo er seit 1990 als Dozent und „Mädchen für alles" wirkt. Von der Zusammenarbeit mit Renate

Matthias Hammerschmitt ist Komponist, Dirigent und musikalischer Leiter der Volksschauspiele in Ötigheim, für die er auch in diesem Jahr wieder Neues geschrieben hat

Foto: Artis

 

 

 

 

 

Ackermann, der Leiterin, habe er viel profi­tiert. Die Lust an der Musik, die er immer wie­der betont, soll sich auch auf seine Studieren­den übertragen. Dabei beschränken sich sein Witz und seine Ideen nicht nur auf die Töne. Für die Suppe-Rarität „Zehn Mädchen und kein Mann", die von Marianne Berglöff insze­niert und im Juli im Marstall gezeigt wird, hat er den Text völlig umgedichtet.

Seine vielseitigen Fähigkeiten blieben auch Kurt Müller-Graf, dem damaligen Chef der Ettlinger Schlossfestspiele, nicht verborgen, der ihm alsbald die musikalische Leitung im Schlosshof übertrug und ihn später nach Ötig­heim vermittelte. Dort staunte Hammerschmitt rasch über die vielen Begabungen, über den tüchtigen Chor und das famose Orchester. Die Pionierarbeit, die ihm auf der Freilichtbühne als Musikchef aufgetragen wurde, betrachtete Hammerschmitt sogleich als wunderbare Aufgabe, die er bis heute mit Herzblut erfüllt.

Ob „Ben Hur" oder „Die Zauberflöte", „Ali Baba" oder „My Fair Lady": Das alles mache ihm einen Riesenspaß. Durch seinen Verlag, die Karlsruher edition 49 (www.edition49.de), kam die Aufnahme seiner Musik mit dem Orchester des estnischen Theaterorchesters von Tartu zu Stande - mit erstaunlichen Klangergebnissen. Am 21. Juni dirigiert Hammerschmitt, der „deutsche Puccini", wie er einmal charakterisiert wurde, „Jesus Christ Superstar" in der In­szenierung Manfred Straubes. „Julius Caesar" wird von Ettlingens neuem Festspielchef Jür­gen Flügge inszeniert. Und außer der Lausbu­bengeschichte „Max und Moritz" (4. Juli) gibt es in Ötigheim außerdem noch das beliebte Festliche Konzert am 18. und 19. Juli, mit Tschaikowskys „Capriccio italien" und selbst­redend unter der Führung Matthias Hammerschmitts.

Ulrich Hartmann

 

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