Flöte und Magie

 

   Ihre Verführungskunst hat die Flöte nicht erst mit Mozarts "Zauberflöte" bewiesen. Pan bannte mit ihr schon in der Mythologie die Geister, und Bachs berühmte Badinerie ist geradezu zum Inbegriff rattenfängerischer Brillanz geworden. Die Flöte vermochte in allen Jahrhunderten ihren Charme und die beschwörende Grazie ihres Tons zu entfalten, zumal im Verbund mit der Gitarre. Es ist kein Zufall, dass gerade diese beiden Instrumente aus dem vollen Fundus der Jahrhunderte schöpfen können. Das gilt für die vielen Bearbeitungen ebenso wie für eine große Zahl von Originalkompositionen für diese Besetzung, wie diese CD beweist.

 

   Nicht nur im "Bordel" und "Café" des Tango-Großmeisters Astor Piazolla erzielt die Flöte erotischen Zauber: So verrucht können auch Tim Wheaters "High Heels" wirken. Da wird die Flöte wie der Stöckelschuh zum Signal unwiderstehlicher Sinnlichkeit. Ausgesprochen zärtlich gibt sich das Duo dagegen bei der Romanze "Maria In My Mind" des gleichen Komponisten. Und wer wollte bestreiten, dass Andrew Lloyd Webbers Superhit "Memory" in der vorliegenden Bearbeitung nicht noch einen ganz eigenen Reiz gewinnt. Ähnliches gilt übrigens auch für "Sincerely" des Esten Valdo Preema, ebenfalls eine Perle für Verliebte.

 

   Flöte und Gitarre "con amore" also - dass es auch "con umore" geht, zeigt Jan Truhlar in seiner kleinen Sonatine, dem witzigen Beispiel für ein inspiriertes musikalisches Zwiegespräch. Darin trifft sich das Stück mit Tim Wheaters "Run to sunday" ebenso wie mit der pfiffigen "Recercada primera" des Spaniers Diego Ortiz, der auch in den beiden anderen Recercaden höfischer Klangpoesie huldigt. Das impulsive "Tambourin" von Gossec wirkt selbst nach rund 200 Jahren noch so frisch wie eh und je. Das liebenswerte Duo von Francesco Molino könnte in seiner schmeichelhaften Melodik aus der Feder Rossinis stammen.

 

   Selbst die ganz Großen zeigen sich im delikaten Dialog von Flöte und Gitarre von einer ungewöhnlichen Seite: Mozarts "alla turca" - übrigens in dieser Bearbeitung vom Komponisten selbst autorisiert - klingt plötzlich wie ein mildes Wellenspiel, das Bach-Präludium wie eine lyrische Liebesklage. Und der Chopin-Walzer enthüllt in seiner edlen Einfalt die versteckte Intimität des Salons. Geradezu lasziv lockt dagegen Celso Machados "Pacoca", ebenso wie Jacques Iberts "Entr'acte" im Ton südländischer Leidenschaft. Auch da spielt sich zwischen beiden Instrumenten tönende Magie ab: magic in-between.

 

  

 

   Veronika Fuchs lebt auf dem Land südlich von Karlsruhe mit ihrere Familie und vielen Tieren. Sie studierte an den Musikhochschulen Karlsruhe und Freiburg bei Gerhard Braun und William Bennett und spielt in den wichtigsten Kammer- und Sinfonieorchestern Baden-Württembergs, darunter das Südwestrundfunk-Sinfonieorchester und das Stuttgarter Kammerorchester. Sie tummelt sich auf dem Kammermusikpodium ebenso wie im Orchestergraben der Stuttgarter Musicals oder im Studio mit dem German Pops Orchestra. An der Pädagogischen Hochschule in Karlsruhe betreut sie eine Flötenklasse.

 

   Boris Björn Bagger studierte ebenfalls in Karlsruhe und Freiburg. Meisterkurse führten ihn zu Julian Bream, Narciso Yepes, Wolfgang Lendle und Siegfried Behrend. 1989 gründete er das Deutsche Gitarrenquartett, außerdem arbeitete er mit prominenten Solisten wie Martin Ostertag, Tabea Zimmermann, Kalle Randalu, Siiri Sisask und Jean-Claude Gérard und Dirigenten wie Pierre Boulez und Michael Gielen zusammen. Konzertreisen führten ihn quer durch Europa und nach Kanada. Baggers Aufnahmen wurden in Rundfunk und Fernsehen übertragen und außerdem auf über 18 CDs festgehalten. Namhafte Komponisten widmeten ihm seine Werke. 1994 wurde Bagger mit dem Musikpreis der Republik Estland ausgezeichnet. Seit 1990 hat er einen Lehrauftrag an der Karlsruher Musikhochschule.

 

  

Fotos: Andreas Winkler 

Text: Ulrich Hartmann, Karlsruhe

  

www.bellamusica.de und www.edition49.de

 

Aufnahmen: Katapult Tonstudio, Karlsruhe, Germany (Kai Schlünz)